Mit der Interpretation russischer Werke demonstriert Valéry Gergiev stets am eindrucksvollsten sein großes Können. Das beweist auch die Inszenierung von Sergei Prokofjews “The Fiery Angel” (Der feurige Engel) aus dem Mariinski Theater in St. Petersburg. Die verstörend rätselhafte Oper, die in Russland lange als zu dekadent galt und erst nach Prokofjews Tod erstmals aufgeführt wurde, wird von David Freeman fantasievoll in Szene gesetzt. Galina Gorchakova und Sergei Leiferkus überzeugen in den Hauptrollen und beweisen einmal mehr, warum das Werk heute als Meisterwerk gilt. Vordergründig handelt die Geschichte von religiöser Hysterie und dämonischer Besessenheit, doch die Romanvorlage des russischen Dekadenzschriftstellers Waleri Brjussow lotet auch in symbolistischer Manier das Dreiecksverhältnis aus, das der Autor selbst mit der selbstzerstörerischen Figur seiner Geliebten, der Dichterin Nina Petrowskaja, durchlitt. David Freeman ist tief in die seltsam enervierende Welt dieser Oper eingedrungen. Er sorgt dafür, dass die Dämonen aus Renatas Gedankenwelt Gestalt annehmen und das leidenschaftliche, obsessive Geschehen bis zum Ende mit ihrer finsteren Präsenz begleiten.